Also ich muss mich wirklich mal bei OpenStreetMap bedanken, denn diese Karte hat etwas geschafft, was andere Dinge zuvor nicht hinbekommen haben, nämlich, dass ich mal wieder meinen Hintern hoch kriege. Aber mal von vorn.
Mein Weg zu OSM
Auf meinem Phone läuft Android. Also habe ich gezwungenermaßen Google Maps da drauf und das war in der Anfangszeit von Gmaps auch mal ganz nett. Aber schon nach kurzer Zeit hat es einfach nur genervt. Vor allem weil es keine Gelegenheit auslässt, sich in den Vordergrund zu stellen und den Benutzer für sich einzuspannen.
Google Maps – einfach nervig
Ständig poppen Benachrichtigungen auf, frei nach dem Motto „Hey, ich weiß wo Du gerade bist, also guck doch mal an dem Laden nach den Öffnungszeiten und mach gleich mal nen Dutzend Fotos!“. Und gerade die Fotos aus der App gehen dann auch direkt und unbearbeitet in die Karte, damit jeder jedes Detail und auch jede Person erkennen kann.
Mach das ein paar Mal und Du wirst eingeladen, Local Guide zu werden. Klingt toll, ist es aber nicht. Gut, man kann dann rudimentär ein bisschen was bearbeiten, hauptsächlich was Geschäfte und deren Öffnungszeiten angeht, aber das wars dann auch. Und da Google nicht prüft, ob Bearbeitungen von Local Guides schlüssig sind, kriegt Du für das Eintragen von Öffnungszeiten 5 Punkte, mit denen Du in irgendeinem nichtssagenden Level aufsteigst und der erst beste Troll, der als „Aktualisierung“ diese Öffnungszeiten wieder raus löscht, kriegt dafür auch 5 dieser Punkte. Und solche Trolle gibts reichlich. Ganz toll. Leb wohl, Google Maps.
Bing – übel
Ne Karte auf dem Phone zu haben, wäre trotzdem toll – nur halt nicht die von Google. Windows preist einem ja Bing Maps an und die gibts auch auf Android. Geben wir ihr eine Chance. Die Aktualität was „Orte“ auf der Karte angeht, mit einem Wort erbärmlich. Liegt wohl daran, dass Bing gar keine eigenen POI pflegt, sondern dafür auf andere Webdienste zurück greift. Restaurants kommen von Trip Advisor, Aktivitäten vielfach von Golocal und der Effekt davon ist, dass man zum Beispiel beim Blick auf Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke, die Müngstener Brücke bei Solingen, 97 Fotos präsentiert bekommt, von denen über 70 gar nicht die Müngstener Brücke sondern irgendwelche anderen Brücken am Ars** der Welt zeigen.
Kann man solche Fehler korrigieren? Nein. Kann man solche Fehler melden? Ja. Aber dann bekommt man zur Antwort, das müsse man bei dem jeweiligen Anbieter machen. Doch wer bitte macht sich die Mühe, sich bei einem Dutzend externer Webseiten anzumelden, nur die blöde Microsoft-Karte aktuell zu halten. Erschreckend viele Trolle, wie es scheint. Ich aber nicht. Also weg mit dem Ding.
Here Maps – ganz schlecht
Apropos Aktualität. Da wäre ja noch Here Maps, oder here we go, wie es sich aktuell schimpft. Ganz früher auf dem Nokia 5800XM mal ganz brauchbar, habe ich mir mit vielen Fehlermeldungen irgendwann mal die Erlaubnis erarbeitet, die Karte auch bearbeiten zu dürfen. Gesagt, getan. Ich wohne seit 22 Jahren in einer Straße, die seit 77 Jahre, seit sie erstmals gebaut wurde, Sackgasse ist. In Here Maps allerdings war sie eine Durchgangsstraße, die über den knapp 1,5 Meter breiten Fußweg am Kopf des Wendehammers, in der Navigationsfunktion selbst Lkw die 300 Meter bis zur nächsten Querstraße durchfahren werden kann.
Wie gesagt, ich wohne in der Straße und entsprechend habe ich bei meinen Bearbeitungen, ja, Plural, jeweils Fotos von eben dem Wendehammer und dem schmalen Fußweg mit eingereicht. Geo-codierte Fotos, um genau zu sein. Und dennoch wurde meine Korrektur über ein Dutzend Male abgelehnt – von irgendwelchen höherrangigen, Bearbeitenden, die in Australien oder Japan zu Hause sind und die Situation nur anhand der Luftbilder beurteilen, auf denen man, den zahlreichen Bäumen hier sei Dank, den Wendehammer eben nicht sehen kann.
Keine Ahnung, ob das inzwischen korrigiert ist, ich habe Here ganz schnell deinstalliert, bevor ich in einer Gegend in der ich mich nicht auskenne damit navigierend, nachts in einem Hafenbecken lande, weil man die Straße tagsüber, mittels einer Fähre ja durch fahren kann.
OSM die Erste
2017 habe ich mir dann OSMand mal angetan, auch zur Navigation. Und ich war einfach nur enttäuscht. Vor allem davon, auf der Autobahn ein „Benutzen Sie jetzt die Ausfahrt“ zu hören, wenn man schon 200 Meter daran vorbei ist. Also weg damit.
TomTom
Was folgte, war TomTom. Damals noch nicht als brauchbare Smartphone-App verfügbar und so wurde es dann ein komplettes Gerät. Ein richtig teures, in dessen Preis lebenslang kostenlose Kartenupdates drin waren. Nun meint Lebenslang aber die Lebensdauer der Geräteserie. Und nach drei Jahren war Schluss mit Updates. Stattdessen kam eine E-Mail, man solle sich doch wieder das nächste, noch teurere, Gerät kaufen, um die „lebenslangen“ Updates wieder zu haben.
Netter Versuch. Glücklicherweise gabs inzwischen TomTom als Smartphone-App. Und die war zumindest für vier Jahre zwar nicht perfekt, aber für meine täglichen Navigationen doch gut genug.
Bis Frühjahr 2024. Da hat TomTom nämlich seine „mydrive“ Onlinekarte geupdated und mir mit dem Update meine rund 120 gespeicherten Adressen, POI und Routen ersatzlos und unwiederbringlich gelöscht und war damit bei mir auch ziemlich durch. Zum Glück ist das Karten-Abo in der App jährlich fällig und das aktuelle lief in Kürze aus – und wurde von mir auch nicht verlängert.
OSM die Zweite
Auf der Suche nach Ersatz schlug der Play-Store auch wieder OSMand vor und ich gab ihm noch eine Chance. Und was soll ich sagen, inzwischen bin ich von der Präzision schlicht begeistert. Außerdem passt OSMand / OpenStreetMap gerade auch sehr gut dazu, dass ich mich immer mehr von proprietären Sachen zurückziehe und zu offenen, freien Lösungen hin orientiere. So ist zum Beispiel auch Windows nach fast 30 exklusiven Jahren inzwischen nur noch Gastsystem auf meinem PC und das Primärsystem heißt Ubuntu Studio.
Aber auch OSMand / OpenStreetMap sind nicht perfekt und insbesondere in meinem Heimatort stach schnell ins Auge, dass viele POI / Geschäfte nur wenig aktuell sind und auch manche Straße falsche Geschwindigkeitsdaten hat. Doch bei OpenStreetMap kann man das ja ändern und so habe ich mich dann auch der Bearbeitung der Karte zugewendet.
Das aber ist eine Story für ein anderes Mal …
Discussion
Comment from mar_map on 17 November 2024 at 19:30
Ein kurzes “like” für deinen Blogbeitrag. Nutze OSM grundsätzlich schon länger und erst seit kurzem versuche ich auch das ein oder andere mit einzubringen, damit alles etwas davon haben. Eine super Sache!
Comment from MaliMrav on 24 November 2024 at 16:53
Feel free to try Organic Maps as well, which also uses OSM map data.
Basic features like search and navigation works quite well. It does not support all complex features like OSMAnd, but exactly because of that it is a great candidate to recommend it to all non-techie friends and relatives.
Comment from ASRvwde on 24 November 2024 at 17:19
@MalMrav
Someone must have only read the headlines, right? :)
Thanks for the tip. But “non-techie” is pretty much the exact opposite of me. Well, some of that is only in part 2 or will follow in further parts, but here’s a brief summary of me: - Computers since the Sinclair ZX-81 - In the Windows universe since DOS 3, Windows 2.11 - In the Linux universe since SuSE 4 - I’ve been working with maps with QGIS and R for several years
So, thanks again for the tip. But OSMand Pro is exactly the right thing for me !
Comment from Koreller on 24 November 2024 at 20:42
Great story, thanks for sharing your experience! OSM is the power of being able to solve problems yourself, and that’s priceless (and map territories where the big companies have no commercial interest, but that’s another story 😉)!